Die Autorenstory

Beim Social-Media-Marketing geht es um Kommunikation zwischen Menschen, das wissen Sie, und auch, dass plumpe "Kauf-mein-Buch-jetzt!"-Werbung bei Twitter, Facebook & Co. per se nicht gerne gesehen ist. Was aber soll man dann twittern und posten? Schließlich will man ja sich und sein Buch bekannt machen. Im Folgenden möchte ich Ihnen eine Möglichkeit aufzeigen, wie Sie Ihren Wunsch als Autor nach Aufmerksamkeit mit dem Wunsch des Lesers nach Unterhaltung und Mehrwert verbinden können.

Vielleicht geht es Ihnen ähnlich: Eine Frage, die mir bei Lesungen am häufigsten gestellt wird, ist diese: "Wie kamen Sie eigentlich zum Schreiben?". Bei meiner allerersten Lesung erwischte mich die Zuhörerin, die mir diese Frage gestellt hatte, noch auf dem falschen Fuß. Ich merkte, dass ich rot anlief, denn ich erinnerte mich tatsächlich an diese Begebenheit und es war mir zunächst peinlich, davon zu berichten. Aber egal, dachte ich, nützt ja nichts ... Schließlich beantwortete ich die Frage und stellte zu meinem Erstaunen fest, dass meine Antwort sehr wohlwollend an kam. Dieses Schlüsselereignis war sehr lustig und so lachte das Publikum mit mir darüber. Ich merkte, da war das Eis gebrochen. Es groovte im Saal, wie es Musiker gerne ausdrücken, wenn sie so mitreißend spielen, dass sich die eigene Begeisterung auf das Publikum überträgt. Fortan wartete ich bei weiteren Lesungen auf die Damen oder Herren, die mir diese Frage stellten. Fürwahr, sie wurde immer wieder gestellt ...

 

Die Frage: "Wie kamen Sie eigentlich zum Schreiben?" ist eine Frage nach Ihrer Autorenstory. Derjenige, der Ihnen diese Frage stellt, möchte in diesem Moment nicht wissen, was Sie geschrieben haben (Buch), sondern warum Sie Bücher schreiben. Er oder sie ist an der Geschichte hinter der Geschichte interessiert. Wären Leser nur an (Ihren) Büchern interessiert, dann würden sie sie im Buchhandel einfach kaufen, aber nicht unbedingt Autorenlesungen besuchen. Sie würden Sie auch nicht bei Facebook & Co. "adden". Leser, die bei Lesungen und in sozialen Netzwerken den Kontakt zum Autor suchen, tun das ganz bewusst. Sie wünschen sich den "Autor zum Anfassen" und interessieren sich - neben seinen Büchern - auch für seine Person. Das finde ich großartig!

 

Ein Verleger hat mir mal gesagt: "Leser kaufen keine Bücher, sie kaufen Autoren". Auch da ist etwas Wahres dran. Zumindest möchte ich als Autor dies gerne glauben. Das mag dann auch der Hauptgrund dafür sein, warum man als Autor alles daran setzen sollte, sich rasch eine treue Fangemeinde aufzubauen. Nur, von plumper Werbeakrobatik sind Leser/Facebook-Freunde schnell genervt. Das heißt nicht, dass man gar nicht werben soll, man sollte es nur wohl dosiert tun und sich überlegen, wofür soziale Netzwerke eigentlich da sind. Soziale Netzwerke sind grundsätzlich Kommunikationsplattformen. Man tauscht sich aus - von Mensch zu Mensch, oder von Autor zu Lesern. Solche Plattformen funktionieren ähnlich wie Partys. Auf denen würde auch derjenige (unangenehm) auffallen, der nur über seinen Job berichtet und am Ende eines jeden Gespräches noch seine drei Karten offen legt: mein Haus, mein Auto, mein Pferd. Ich beobachte leider, dass es bei Facebook häufig genauso abläuft: mein Buch, meine "Volles-Haus"-Lesung, meine "5-Sterne"-Rezension beim großen Onlinehändler. Sicher, ein paar Likes wird´s geben, aber Sichtbarkeit (Autor und Buch) lässt sich nur bedingt in der Anzahl von Likes und Freunden messen. 1.000 Likes auf einer Fanseite machen sich sicherlich gut, eine solche Seite scheint quantitativ erfolgreich zu sein. Oder ist es doch mehr Schein als Sein? Würde man nicht annehmen wollen, dass eine Seite mit vielleicht nur 250 Likes, die zwar mühsam, über viele, viele Lesungen und Blogartikel, aber ehrlich aufgebaut wurden, eine ganz andere Qualität besitzt und einen nachhaltigen Erfolg verspricht?

 

Wie dem auch sei, ich möchte hier nicht der Weisheit letzter Schluss verkaufen. Es gibt kein ultimatives Richtig oder Falsch. Vielmehr möchte ich zur prüfenden Betrachtung anregen. Liebe Autoren, bitte reflektiert von Zeit zu Zeit euer Autorenmarketing und eure Buch-PR! Seid offen für andere Wege, auch, wenn sie zugegebenermaßen länger und anstrengender erscheinen. Für Storytelling (also u. a. das Erzählen der Autorenstory) braucht man mehr Gehirnschmalz und mehr Zeit als für martkschreierische Produktwerbung. Letztere verhallt aber auch schneller. Wer sich jedoch dafür entscheidet, seine Leser in den sozialen Netzwerken mit assoziativem Content zum Buch unterhalten zu wollen statt mit plumper Werbung zu vergraulen und ihnen damit einen Mehrwert zum Roman bietet, der findet in seiner eigenen Autorenstory genau den Content, den viele Leser mögen. Bitte lesen Sie auch, warum Storytelling die intelligentere Art der Buchwerbung ist.


Übrigens, noch eine Erkenntnis aus dem Bereich der klassischen Pressearbeit: Der Versand von Pressemitteilung und Rezensionsexemplar führt leider nur selten zu einer Buchbesprechung im Feuilleton. Interessanter wäre für den Zeitungsredakteur da schon eine spannende Autorenstory, von der er ausgehen kann, dass sie auf ein breites Interesse der Öffentlichkeit stößt. Das wäre eine News, die auch eine Nachricht wert ist. Oder ein Autoreninterview. Think about it ...

Welche Erfahrung haben Sie gemacht? Ist Ihnen die Frage: "Wie sind Sie eigentlich zum Schreiben gekommen?" auch schon einmal gestellt worden? Was ist Ihre Autorenstory? Fanden Sie meine Ausführungen verständlich? Oder sind Sie ganz anderer Meinung?

 

Schreiben Sie mir gern einen Kommentar, oder wenn es Ihnen lieber ist, eine Privatnachricht. Ich freue mich über Ihr Feedback!

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